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Ein persönlicher Bericht: Alpamayo, der schönste Berg der Welt

Alpamayo - auch für mich der schönste Berg der Welt
Eigenes Bild

Der Alpamayo, ein majestätisches Naturkunstwerk, thront in den nördlichen Anden Perus in der Cordillera Blanca und hat den m.E. berechtigten Ruf, der schönste Berg der Welt zu sein. Sein markantes, pyramidenförmiges Profil, umgeben von in der Sonne glitzernden Gletschern, zieht Alpinisten und Trekker gleichermaßen in ihren Bann. Mit seiner beeindruckenden Erscheinung und seiner Höhe von knapp 6.000 m birgt der Alpamayo Herausforderungen, die ihn zu einem begehrten, aber nicht zu unterschätzenden Ziel für geübte Alpinisten machen.

 

Die Erstbesteiger:

Nach einigen erfolgreichen Versuchen unterschiedlicher Expeditionen aus verschiedenen Ländern erreichte die deutsche Seilschaft Hauser, Huhn, Knauss und Widmann den Gipfel des Alpamayo am 19. Juni 1957 über den Südgrat, welcher heute nicht mehr begangen wird. Günter Hauser beschrieb seine Impression des Alpamayo nach seiner Rückkehr mit den Worten:

„Ein Traumberg erhebt sich über den Tälern der nördlichen Cordillera Blanca, wie ihn nur Kinder zu zeichnen wagen, die noch nie einen Berg gesehen haben. Das ist der Alpamayo nicht Traum, sondern Wirklichkeit. Von der einen Seite sieht man ihn als ebenmäßige Pyramide emporsteilen, deren Schenkel mit riesigen Wächten behangen sind. Das andere Gesicht des Alpamayo, die trapezförmige Südwestwand, ist noch schöner: Durch das Zusammenwirken der fast senkrecht herabbrennenden Tropensonne am Mittag und der aufsteigenden, feuchten Luftmassen aus dem Urwald wurde die Wand mit feinem Riffelfirn überzogen. So sieht der Berg von dieser Seite wie eine weiße Kathedrale aus“

Besser lässt sich das nicht ausdrücken und eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen.

 

Die Herausforderung der Besteigung

In einer Höhe von fast 6.000 Metern ist mit extremen Wetterbedingungen zu rechnen und die drohende Gefahr von Höhenkrankheit sollte mit der entsprechenden Akklimatisation im Vorfeld minimiert werden. Die steilen Eiswände, insbesondere in der "French Direct" erfordern präzise klettertechnische Fähigkeiten, Übung im Eisklettern und ein gutes Verständnis für das Eis- und Schneeverhalten. Bereits die Nacht im „Campo Uno“ (High Camp), wo die Luft dünn und die Temperaturen bitter kalt sind, stellt die Kletterer vor psychische und physische Herausforderungen, die sie überwinden müssen, um den Gipfelversuch überhaupt anzugehen.

 

Die Ferrari-Route oder die „French Direct“

Als heutige “Normalroute” durch die Südwestwand des Alpamayo gilt die Ferrari-Route, die nach ihrem Erstbegeher benannt ist, welcher diese 1975 mit seinen Begleitern erfolgreich meisterte. Die steilere und herausforderndere „French Direct“ bekam ihren Namen mit der traurigen Tatsache, dass eine französische Seilschaft in ihr durch einen herabstürzenden Serrac ums Leben kam. 2009 war die Ferrari-Route wegen riesiger, überhängender Wächten am Gipfelgrat nicht begehbar, so blieb unserem kleinen Grüppchen nur die Wahr zwischen „French Direct“ oder Verzicht auf den Gipfel. Zweiteres kam nicht in Frage, zumal die Besteigung des Alpamayo seit ganz vielen Jahren zu den drei alpinen „Must Haves“ meines Lebens zählte.

 

Das Campo Uno

Als mein Jugend- und Bergfreund Peter und ich Anfang Juli 2009 nach dem anstrengenden Aufstieg vom Basislager auf 4.260 m Höhe das High Camp (Campo Uno) auf 5.550 m erreichten, wurden wir von einer großartigen 360 Grad Aussicht überwältigt. Atemberaubenden war der Blick in die glitzernde Alpamayo Südwestwand, durch die unsere Route für den nächsten Tag führen sollte. Nachmittags beobachteten wir winzige, sich langsam bewegende Pünktchen - eine Handvoll Alpinisten beim Abseilen. Etwas später standen wir inmitten eines nicht in Worte zu fassenden Naturschauspiels: die untergehende Sonne tauchte den Himmel in warme Gelb-, Orange- und Rottöne, während die schneebedeckten Gipfel der Anden im goldenen Licht erstrahlten. Gleichzeitig ging auf der entgegengesetzten Seite der runde Vollmond auf – einfach magisch! Es war ein Spektakel, das uns sowohl die Mühen der vergangenen Tage als auch die Nervosität wegen des bevorstehenden Gipfelversuchs vergessen ließ.

 

Der Gipfel

Peter und ich starteten mit unseren großartigen, peruanischen Bergführern Juan und Lucio gegen 2.00 Uhr morgens, nachdem wir uns mit ein paar Österreichern abgesprochen hatten, die sich bereits um Mitternacht auf den Weg gemacht hatten. Auf dem Weg zur Randkluft in finsterster Nacht begleiteten uns Zweifel und Bammel, ich haderte mehrmals mit dem Gefühl aufzugeben. Nach dem Bezwingen der heiklen Randkluft jedoch konzentrierte sich unsere Aufmerksamkeit ausschließlich auf den sauberen Einsatz der Eisgeräte und das ordentlichen Setzen der Frontzacken unserer Steigeisen. Nach Stunden der Konzentration und Anstrengung beim "Hochpickeln" durch die bis zu 80 Grad steile Eiswand standen wir schließlich am Morgen auf dem Gipfel des heißersehnten Alpamayo in 5.947 m Höhe. Leider hüllte sich die Pracht der Berge um uns herum in dichten Nebel. Durch ein Loch in der Wolkenwand konnten wir ein paar Minuten lang den Gipfel des benachbarten Quitaraju sehen, bis sich auch dieses schloss. Wir waren überglücklich, es geschafft zu haben, einen Lebenstraum wahr werden zu lassen. Neben der körperlichen Errungenschaft, den inneren Schweinehund bezwungen zu haben, fühlten wir fast sowas wie ein spirituelles Erlebnis. Wir bekamen die Macht und Schönheit der eisigen Bergwelt vor Augen geführt und fühlten deutlich unsere eigenen Grenzen in physischer und psychischer Weise. Alpamayo -  ein großartiges Erlebnis, das noch sehr, sehr lange nachwirkte und vielleicht immer noch nachwirkt.

 

¡Gracias Juan, eres el mejor!